Langzeitprojekt - Stadtmuseum - Stadtarchiv

Vor 80 Jahren - Sindelfingen im Krieg

Mit dem Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Wie wirkte sich dieser Krieg im heimischen Lebensraum aus?
Welche Spuren hat er in Sindelfingen hinterlassen? War er von Anfang an zu spüren?
In der Reihe "Vor 80 Jahren - Sindelfingen im Krieg" stellen wir monatlich ein Objekt oder ein Thema in den Mittelpunkt, das 80 Jahre zuvor relevant war.
So entsteht eine Reihe mit 69 Beiträgen, die monatliche Blitzlichter auf die Zeit von September 1939 bis Mai 1945 wirft und das damalige Geschehen auf lokaler Ebene lebendig werden lässt.
Das Stadtmuseum präsentiert monatlich wechselnd eine Sondervitrine zum jeweiligen Thema.

Sollten Sie noch Erinnerungsstücke oder andere Objekte aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs aus Sindelfingen dem Museum zur Verfügung stellen wollen, dann dürfen Sie sich gerne unter 07031 94357 melden.

Projekt „Vor 80 Jahren – Sindelfingen im Krieg“ des Stadtmuseums und Stadtarchivs Sindelfingen

Februar 2025 – Februar 1945
"Ein Dankeschön an die Solidarität"
Das Projekt "Vor 80 Jahren - Sindelfingen im Krieg" stellt monatlich wechselnd ein Thema oder ein Objekt aus der Zeit vor 80 Jahren im Stadtmuseum in den Mittelpunkt. In Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv entsteht auf diese Weise ein Blick in die Vergangenheit, der u.a. die Alltagssituation der Menschen damals in den Blick nimmt. Die Texte sind auch auf der städtischen Homepage nachzulesen.

Die Monatsvitrine zum Thema ist ab Dienstag, den 25. Februar im Stadtmuseum zu sehen sein.

„Ein Dankeschön an die Solidarität“Im Februar 1945 war das Kriegsende bereits in greifbarer Nähe. Die seit Herbst 1941 in Sindelfingen lebende Gerda Eisenhardt (1912 in Berlin geboren) sehnte das Ende des NS-Regimes herbei. Sie wurde    im April 1933 als Kommunistin das erste Mal verhaftet. Ihr Lebensweg war in den folgenden Jahren vom Leben im Untergrund und im französischen Exil geprägt. Mit dem Einmarsch der Wehrmacht in Frankreich geriet das Leben von Gerda, die mittlerweile mit Willi Eisenhardt verheiratet war und im September 1939 eine Tochter zur Welt gebracht hatte, in große Gefahr. Nach Internierungslager und Haft in Berlin war es der Familie möglich, 1941 nach Sindelfingen umzuziehen. Willi Eisenhardt arbeitete hier bei Daimler-Benz. Dank der Schülerarbeitsgruppe am Goldberg-Gymnasium unter ihrem Lehrer Michael Kuckenburg wurde die Geschichte von Willi und Gerda Eisenhardt recherchiert und aufgezeichnet. In den 1980er-Jahren war es ihnen noch möglich gewesen, ein Interview mit der Zeitzeugin zu führen.Willi Eisenhardt setzte sich in Sindelfingen unter großem Risiko für französische Kriegsgefangene ein. In Zusammenarbeit einer französischen Organisation mit deutschen Gegnern des Naziregimes gelang es ins-gesamt 72 französischen Kriegsgefangenen, die bei Daimler-Benz arbeiteten, zur Flucht aus Sindelfingen zu verhelfen. In einem ausgeklügelten System wurden gefälschte Papiere erstellt, Fahrscheine und Kleidung besorgt und die Flüchtenden nach Frankreich geschleust. Die wichtigste Verbindungsperson war ein Mann namens Bedouille, der ebenfalls bei Daimler-Benz arbeitete und die Erlaubnis hatte, sich in der Stadt frei zu bewegen. Willi Eisenhardt berichtete seiner Frau erst später von seiner Tätigkeit als Fluchthelfer. Gerda unterstützte ihn dann und als er zur Wehrmacht einberufen wurde, übernahm sie seine Aufgaben.Bis zum Februar 1945 ging alles gut. Doch eines Tages sah eine Nachbarin, dass Gerda Eisenhardt Besuch von Herrn Bedouille bekam und zeigte dies an. Es folgte die umgehende Verhaftung. Die mittlerweile zwei kleinen Kinder wurden von einer anderen Nachbarin aufgenommen und gut versorgt. Gerda Eisenhardt kam nach Stuttgart ins berüchtigte „Hotel Silber“, das Gestapo-Gefängnis. Aus ihrem Bericht über diese Zeit: „das Gebäude ist zerstört, es existiert nur noch das Kellergewölbe…Für die verhafteten Frauen gibt es zwei…Räume…für ca. 20 Frauen einen Blecheimer als Toilette. Keine Waschgelegenheit. Das perfide ist, der Eimer reicht für 20 Frauen nicht aus…Die „Betten“ bestehen aus einem Strohsack, ohne Leintuch, keine Decke…Also schläft man in den eigenen Kleidern und Mantel. Kleiderläuse hat man in kürzester Zeit…Arbeitseinsatz in der Küche. Beginn schon 5 Uhr morgens.“    Neben der Tätigkeit in der Küche, wurden die Frauen zu Aufräumarbeiten mit schwerer körperlicher Arbeit eingeteilt. Hier mussten sie auch bei Luftalarm im Freien weiterarbeiten. „Bei den Vernehmungen in der Heulandstrasse wurde geschlagen. Kurz vor Ostern, wurden wir alle zum Verbrennen der Gestapopapiere und unserer Eigenen abkommandiert…Dabei gelang es…den Film zu retten, der die Erhängung der Opfer des 20. Juli aufzeichnete. Gleich nach Ostern wurden wir entlassen…es fuhr keine Bahn mehr…verlaust und krank suchten wir den Weg nach Hause.“Zehn Tage nach der Entlassung kamen französische Soldaten nach Sindelfingen, und Gerda Eisenhardt war als Dolmetscherin gefragt. Sie wurde auf Wunsch des französischen Kommandeurs bei der Stadt Sindelfingen angestellt. Ende Juli 1945 wurde der Vertrag aufgehoben, als die französische Armee von der amerikanischen abgelöst wurde. Die Familie musste Ende des Jahres die amerikanische Zone und damit Sindelfingen verlassen, da die Amerikaner Willi Eisenhardt der Spionage für Frankreich bezichtigten. Gerda Eisenhardt sah als eigentlichen Grund jedoch eher dessen Tätigkeit als „aktiver Kommunist“ an.In ihren Lebenserinnerungen beschreibt Gerda Eisenhardt die menschliche Solidarität, die sie in der Zeit zwischen 1933 und 1945 immer wieder erfahren hatte. In selbstloser Weise unterstützten auch fremde Menschen sie und ihre Familie, oft unter hohem persönlichem Risiko. In gleichem Maße waren sie und ihr Mann ebenfalls bereit zu helfen. Nach dem Krieg war Gerda Eisenhardt Gründungsmitglied des Tübinger Verbands der Verfolgten des Naziregimes (VVN). Sie starb 2008 mit 96 Jahren.
(Text: Illja Widmann)

Russische Spielzeug-Pferdekutsche (Stadtmuseum Sindelfingen)
Familie Eisenhardt mit Kindern 1945 in Sindelfingen, aus: Krieg und Wiederaufbau in Sindelfingen 1939-1949 (1985)
 

Archiv

Januar 1945

Ein Dankeschön an die Solidarität (153,9 KiB)

Dezember 1944

Frauen in der Wehrmacht – Hilf dir selbst, so hilft dir Gott (46,3 KiB)

November 1944

Ausgabe der Parolen für die 6. Kriegserzeugungsschlacht (56,3 KiB)

Oktober 1944

Volk ans Gewehr, Volk ans Gewehr – Die Gründung des „Volkssturms“ (32,5 KiB)

September 1944

„Überall schossen die Flammen hoch…“ – die Luftangriffe vom September 1944 (227,1 KiB)

August 1944

Totaler Kriegseinsatz (35,9 KiB)

Juli 1944

Der Sparherd als Symbol des zunehmenden Mangels (138,3 KiB)

Juni 1944

Das besondere Hochzeitskleid (34,7 KiB)

Mai 1944

Auslagerungen als letzte Hoffnung – Wie Daimler-Benz versuchte, seine Produkte zu retten (41,9 KiB)

April 1944

Stadt und Kirche gegen Ende des Krieges – Der Pfarrbericht 1944 (40,7 KiB)

März 1944

Die Verpflichtung der Jugend – Eine Angelegenheit des ganzen Volkes (56,8 KiB)

Februar 1944

Die langen Schatten des Krieges: Wie die Luftschutzstollen des zweiten Weltkriegs Sindelfingen noch Jahrzehnte beschäftigen (144,2 KiB)

Januar 1944

Feind hört mit (34,2 KiB)

Dezember 1943

Weihnachtsgeschenk des unbekannten Vaters (48,9 KiB)

November 1943

Kriegsberufswettkampf 1943/44 (63,7 KiB)

Oktober 1943

Zwangsarbeiter sind die ersten Sindelfinger Luftkriegsopfer (69,4 KiB)

September 1943

„Kraft durch Freude“ im Städtischen Saalbau (35,6 KiB)

August 1943

Schuhsolen aus Holz und Stroh – Auswirkungen der Kriegswirtschaft (51,9 KiB)

Juli 1943

Kriegswirklichkeit und Durchhalteparolen (98,4 KiB)

Juni 1943

Der Heldentod und die Wirklichkeit (81,3 KiB)

Mai 1943

Frau und Mutter – Lebensquell des Volkes (77,4 KiB)

April 1943

Der Krieg rückt näher an die Heimat (41,3 KiB)

März 1943

Die Deportation der Sindelfinger Sinti-Familie Reinhardt (10,8 KiB)

Februar 1943

Stalingrad – Wendepunkt des Krieges (166 KiB)

Januar 1943

Wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ zum Tod Verurteilt (112,1 KiB)

Dezember 1942

Weihnachtliches „Wettrüsten“ (49,3 KiB)

November 1942

Erste Bombeneinschläge – Der Krieg kommt näher (83,6 KiB)

Oktober 1942

Und wir sind doch noch so jung – Russlandfeldzug (56,7 KiB)

September 1942

Kochtipps im Dienste der NS-Propaganda (45,1 KiB)

August 1942

Jeder Volksgenosse vor dem Röntgenapparat (45,2 KiB)

Juli 1942

Der Umgang mit Zwangsarbeitern als Spiegel der NS-Rassenideologie (45,1 KiB)

Juni 1942

Flotte Malerei für ein zukünftiges Heimatmuseum (69,5 KiB)

Mai 1942

Erweiterung des Ehrenfriedhofs (45,9 KiB)

April 1942

Sindelfinger Opfer des NS-Terrors (79,3 KiB)

März 1942

Ewig bleibt der Toten Kämpferruhm (136,9 KiB)

Februar 1942

Schließung der Schulen (51,1 KiB)

Januar 1942

Glocken für den „Endsieg“ (44,3 KiB)

Dezember 1941

Russische Birkenrinde zu Weihnachten (344,1 KiB)

November 1941

Licht lockt Bomben! (424,8 KiB)

Oktober 1941

Alle Mann wurden von Mutter …bekocht… (218,6 KiB)

September 1941

Eine neue Zeitung für Sindelfingen (3,636 MiB)

August 1941

Sterben an der Ostfront und Kriegspropaganda (304,6 KiB)

Juli 1941

Bereinigung des Viehverteilerstandes (541,9 KiB)

Juni 1941

Verborgene Schönheit (214,3 KiB)

Mai 1941

Muttertag und Mutterkreuz (569,9 KiB)

April 1941

Ordnung auf Straßen und Plätzen (913,3 KiB)

März 1941

Eine Schießanlage im Wald und ihre Geschichte (77,7 KiB)

Februar 1941

Der gewaltigste Sieg der deutschen Geschichte… (605,5 KiB)

Januar 1941

„Unentschuldigtes Fernbleiben wird bestraft“ - Kontrolle und Disziplinierung der Bevölkerung (1,528 MiB)

Dezember 1940

Weihnachten zwischen Krieg und versuchter Normalität (390,7 KiB)

November 1940

Kommunalpolitik im Schatten des Krieges (279,9 KiB)

Oktober 1940

Propaganda und Antisemitismus (2,511 MiB)

September 1940

„Kleiderwünsche und Punktfragen im Herbst“ – Reichskleiderkarten (316,2 KiB)

August 1940

Der Pfarrbericht von 1940, zwischen nationaler Begeisterung und Existenzangst (233,4 KiB)

Juli 1940

Heldentod und Kriegsende? (489,3 KiB)

Juni 1940

„Ein großer Teil der netten Häuser sind bezogen worden…“ – Wohnungsbau in Kriegszeiten (365,7 KiB)

Mai 1940

Ein HJ-Heim für Sindelfingen (759 KiB)

April 1940

Der Film unter dem Hakenkreuz (419,4 KiB)

März 1940

Propagandamaschinerie auf Hochtouren (88,3 KiB)

Februar 1940

Die Kraft der Musik (88,7 KiB)

Januar 1940

Ehemann im Lager verstorben – näheres durch Polizei (91 KiB)

Dezember 1939

Die erste Kriegsweihnacht (115,4 KiB)

November 1939

Allgegenwärtig - der Einfluss der NSDAP (118,8 KiB)

Oktober 1939

Eintopfsonntag und Winterhilfswerk als Propagandainstrumente (118,2 KiB)

September 1939

Der Krieg – vom ersten Tag an organisiert (115,9 KiB)