Ausstellung in der Galerie Stadt Sindelfingen: Jill Kiddon - Lux Ore

Die Galerie Stadt Sindelfingen zeigt vom 21. Juli bis zum 6. Oktober 2024 mit Lux Ore die erste institutionelle Einzelausstellung der Künstlerin Jill Kiddon. Die Ausstellung zeigt zwei aufeinander bezugnehmende Installationen, welche die eng miteinander verwobene Beziehung zwischen natürlichen Ressourcen und technologischem Fortschritt als Ausgangspunkt nehmen und sowohl unsere Abhängigkeit von Energie als auch unseren unstillbaren Hunger nach ihr hinterfragen. Die Ausstellung wird am Samstag, den 20. Juli 2024 um 18:00 Uhr eröffnet.

Die Arbeiten sind Ausdruck von Jill Kiddons Interesse an der Materialbeschaffenheit der sogenannten kritischen Metalle und ihrer Schlüsselfunktion bei der Herstellung von Energiespeichern. Im Rahmen der Energiewende nimmt die Nachfrage nach kritischen Metallen immer weiter zu. Vor allem Lithium, aber auch Mangan, Nickel, Kobalt und Graphit sind für die Batterien von Elektrofahrzeugen sowie für die Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien unerlässlich. Während die globale Nachfrage noch nie so hoch war wie aktuell und in den kommenden Jahren wohl noch weiter steigen wird, sind mineralische Rohstoffe auf unserem Planeten jedoch endlich und auch ihr Abbau geht mit teils gravierenden ökologischen und sozialen Problemen einher. Am Beispiel der Batterie eines E-Autos reflektiert Jill Kiddon das scheinbar unauflösbare Dilemma, dass technologischer Fortschritt immer auch auf der Nutzbarmachung und folglich auf der Zerstörung der Natur beruht. Das E-Auto steht exemplarisch für diesen Zwiespalt, denn es vereint den Fortschritt mit dem Versprechen einer „grünen Zukunft“, während die kritischen Metalle für die Produktion unersetzbar sind. In den beiden Installationen der Ausstellung steht aber nicht nur die Materialbeschaffenheit der kritischen Metalle im Fokus, sondern insbesondere auch die Prozesse, die so existentiell für unseren Alltag sind: ihre Fähigkeit Energie zu speichern, zu leiten und auszutauschen.  Im ersten Ausstellungsraum zieht sich ein komplexes Gerüst aus Aluminiumstangen durch den Raum und versetzt die Besucherinnen und Besucher in eine dekonstruierte Fertigungsstraße der Autoproduktion. Innerhalb dieser Struktur sind die vordere und hintere Stoßstange eines Autos über ein augenscheinlich unter Spannung stehendes Kabelsystem mit einer Art Batterie verbunden, die im Zentrum der Installation liegt und ihr Herzstück bildet. Sie besteht aus in Epoxidharz eingeschlossenen, zerkleinerten Erzen und ist wiederum über Kabel an verfremdete Screens angeschlossen. Im zweiten Ausstellungsraum ist eine weitere Skulptur zu sehen, die ebenfalls aus einer mit Kabeln verbundenen Stoßstange und einem Flatscreen besteht. Beide Installationen sind zum Fenster ausgerichtet und beleuchtet, sodass beim Blick von draußen der Anschein entsteht, als schaue man in die Präsentationsfläche eines Autohauses. 
An den Wänden der Ausstellung hängen großformatige Aluminiumdrucke, auf denen sieben Minerale abgebildet sind: Spodumen, Diaspor, Graphit, Skutterudit, Chalkopyrit, Manganit sowie Pyrrhotin. Diese Minerale enthalten jeweils eines der kritischen Metalle, die wesentliche Bestandteile von Autobatterien und anderen technischen Geräten wie beispielsweise von Flachbildschirmen sind.  Die auf schwarzem oder weißem Grund abgebildeten Erze mit ihren glänzend schimmernden Oberflächen erscheinen wie Diamanten, Kristalle oder andere Edelsteine, die seit jeher aufgrund ihrer Seltenheit und Schönheit als Luxusgüter abgebaut und vermarktet werden. Jill Kiddon inszeniert die Erze wie diese wertvollen Steine und wirft die Frage auf, ob sie in Zukunft aufgrund der hohen Nachfrage bei gleichzeitiger Knappheit zum Luxusgut werden.  Während die Drucke auf schwarzem Grund die Positive der von der Künstlerin fotografierten Minerale sind, stellen diejenigen auf weißem Grund die Negative dar. Jill Kiddon hat sie mittels eines Algorithmus bearbeitet und verfremdet, sodass in der Bildmitte, wo Mineral und Licht aufeinandertreffen, eine digital geschaffene Leerstelle entstanden ist, aus der entweder Licht strömt oder die ein schwarzes Loch hinterlässt. Die digitale Manipulation, die ähnlich wie beim Abbau der Erze der Natur einen Teil entzieht, hebt somit auf den Arbeiten auf schwarzem Grund den Energiegehalt der Minerale hervor. Auf den weißgrundigen Arbeiten hingegen wird diese Energie zur Fehlstelle und somit zum metaphorischen Abbild der Minerale nach ihrer Nutzbarmachung durch den Menschen. Lux Ore stellt somit die Frage, ob die begehrten Rohstoffe das Gold von Morgen sind und wir uns in einer Art „Gold-Rush“ zwischen schönem Schein und Zerstörung befinden. Jill Kiddon, 1987 in Silver Spring, USA, geboren, studierte bis 2014 Bildende Kunst an der Staatlichen Kunstakademie Karlsruhe und war Meisterschülerin bei Prof. Marijke van Warmerdam. Mit ihren Installationen und Skulpturen war sie bereits in vielen Ausstellungsprojekten vertreten, u.a. im Kunstverein Freiburg (2014), in der Berliner Projektgalerie +DEDE (2020) oder in der Simultanhalle Köln (2022). Im Jahr 2023 gewann sie den Kallinowski-Preis, der jährlich an eine Absolventin oder einen Absolventen der Staatlichen Kunstakademie Karlsruhe vergeben wird. Jill Kiddon lebt und arbeitet in Berlin. Die Ausstellung wird gefördert durch die Helmut Fischer Stiftung, die Stiftung Kunstfonds und die Beauftragte der Bundesregierung für Kunst und Medien.